Zahlen & Fakten –
Das AGAPLESION DIAKONIEKLINIKUM ROTENBURG

Das AGAPLESION DIAKONIEKLINIKUM ROTENBURG ist das größte konfessionelle Krankenhaus in Niedersachsen. Als Akademisches Lehrkrankenhaus der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg behandeln wir unsere Patient:innen nach neuesten medizinischen Erkenntnissen in nahezu allen medizinischen Fachbereichen: von der Prävention, der Geburtshilfe, Kinder- und Jugendmedizin sowie einer eigenen Kinderorthopädie über spezielle Frauen- und Männermedizin bis hin zur Altersmedizin (Geriatrie) und einer palliativen Versorgung.

Kontakt
AGAPLESION DIAKONIEKLINIKUM ROTENBURG
Servicecenter

Elise-Averdieck-Straße 17
27356 Rotenburg (Wümme)

(04261) 77-0

Hochspezialisierte Fachbereiche

Qualifizierte Mediziner:innen, Pflegekräfte und Therapeut:innen versorgen rund 30.000 voll- und teilstationäre, 185.000 ambulante Behandlungsfälle, davon allein 22.000 ambulante Notfälle pro Jahr. Dafür stehen rund 800 Betten in 23 Fachabteilungen zur Verfügung. Rund 1.200 Kinder werden jedes Jahr im Diakonieklinikum geboren.

Über 2.500 Mitarbeiter:innen

Auch in den Tochtergesellschaften in den Bereichen Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), ambulanter Medizin sowie der Rehabilitation kümmern sich etwa 400 Mitarbeitende um möglichst reibungslose Abläufe. Damit ist das AGAPLESION DIAKONIEKLINIKUM ROTENBURG mit seinen Tochtergesellschaften und insgesamt rund 2.500 Mitarbeitenden der größte Arbeitgeber im Landkreis Rotenburg. Wir stellen rund 225 Ausbildungsplätze zur Verfügung.

Seelsorgliche Angebote

Unsere Wurzeln liegen in der Diakonie. So stellen wir auch für die psychischen und seelsorglichen Bedürfnisse unserer Patient:innen und deren Angehörigen eine Vielzahl professioneller Angebote bereit. Ergänzend finden Sie bei uns Orte der Ruhe, des Rückzugs und der Spiritualität, etwa in unserer Kapelle oder in unserem Psalmgarten.
 

Historie und Träger – Unsere Wurzeln liegen in der Diakonie

Die AGAPLESION DIAKONIEKLINIKUM ROTENBURG gemeinnützige GmbH wird von zwei Gesellschafter:innen getragen: der AGAPLESION gAG, Frankfurt (60 %) und dem Ev.-luth. Diakonissen-Mutterhaus Rotenburg (Wümme) e.V. (40 %).

Von 1860 bis heute. Die Wurzeln des Diakonieklinikums liegen in Hamburg: 1856 nimmt die Diakonisse Elise Averdieck einen unversorgten Kranken in ihrer Wohnung zur Pflege auf. Bald entwickelt sich eine Krankenstation, die drei Jahre später durch eine Spende ausgebaut werden kann. 1860 wird das Diakonissen-Mutterhaus „Bethesda“ eingeweiht. 1905 bauen die Bethesda-Schwestern in Rotenburg ein neues Mutter- und Krankenhaus auf. 1975 wird ein moderner Neubau seiner Bestimmung übergeben.

In den Jahren danach steht die Entwicklung neuer Bereiche nicht still: Es wird fortlaufend in modernste Medizintechnik und Einrichtungen investiert.

Agapéseis tòn plesíon. 2012 schließt sich das Diakonieklinikum dem Gesundheitskonzern AGAPLESION an, der aus einem Verbund christlicher und sozialer Einrichtungen besteht. AGAPLESION verbindet Exzellenz in Medizin, Pflege und Management mit den Werten christlichen Handelns. Die christliche Identität des Unternehmens kommt bereits im Namen AGAPLESION zum Ausdruck, der sich aus dem altgriechischen „agapéseis tòn plesíon“ (Liebe den Nächsten, Markusevangelium, Kapitel 12, Vers 31) herleitet.

Charta der Vielfalt - Für Diversity in der Arbeitswelt

Das Agaplesion Diakonieklinikum Rotenburg tritt für ein wertschätzendes und vorurteilsfreies Arbeitsumfeld ein, das Talente auf Grund ihrer Leistungen schätzt - unabhängig von Alter, ethnischer Herkunft und Nationalität, Geschlecht und geschlechtlicher Identität, körperlichen und geistigen Fähigkeiten, Religion und Weltanschauung, sexueller Orientierung und sozialer Herkunft. Die Anerkennung und die Förderung vielfältiger Potenziale schaffen wirtschaftliche Vorteile für unsere Organisation. Deshalb haben wir 2022 die Charta der Vielfalt unterzeichnet.

 

Stolpersteine – Erinnern und Gedenken an die Opfer der Zwangssterilisation

Die Stolpersteine in der Eingangshalle des Diakonieklinikums erinnern an zwei Opfer der Zwangssterilisationen in der Zeit des Nationalsozialismus: Adelheid (Adele) Nöbeling und Else Lisbeth Warnken verstarben an den Folgen der im damaligen Rotenburger Krankenhaus durchgeführten Operation.

Adelheid (Adele) Nöbeling wurde am 20. August 1902 in Hannover geboren. Ab 1921 lebte die damals 19-Jährige wegen einer Epilepsie in den Rotenburger Werken. Obwohl sie nach Umstellung ihrer Medikamente keine Anfälle mehr hatte, wurde sie im Juli 1935 im Rotenburger Krankenhaus wegen der Diagnose „erbliche Fallsucht“ zwangssterilisiert. Sie verstarb am 26. Juli 1935 im Alter von 32 Jahren an den Folgen dieses Eingriffs.

Else Lisbeth Warnken wurde am 25. Dezember 1923 in Achim geboren. Als Neunjährige kam sie in die Rotenburger Werke, weil bei ihr ein „angeborener Schwachsinn mit starker motorischer Unruhe“ festgestellt worden war. Auf Grundlage des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vom 14. Juli 1933 wurde sie im Alter von 13 Jahren im Rotenburger Krankenhaus zwangssterilisiert. Else Lisbeth Warnken verstarb am 26. Juni 1937 an den Folgen der Operation.

Die Stolpersteine zur Erinnerung an die beiden verstorbenen Frauen wurden 2008 durch den Kölner Künstler Gunter Demnig verlegt. Im Februar 2014 folgte die Einweihung der dazugehörigen Informationstafel mit biografischen Dokumenten und Erläuterungen zum geschichtlichen Hintergrund.

Zur Einweihung der Informationstafel stellte Prof. Dr. Andreas Thiel, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, die Biografien der beiden Frauen vor. PD Dr. Gerrit Hohendorf vom Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der Technischen Universität München beleuchtete den historischen Kontext der Eugenik und der Zwangssterilisationen. Demzufolge stellten die Zwangssterilisationen eine Vorstufe der sogenannten T4-Aktion dar, bei der zahlreiche Menschen wegen einer psychischen Erkrankung oder Behinderung als „lebensunwertes Leben“ ermordet wurden. Norbert Jachertz, Journalist und ehemaliger Chefredakteur des Deutschen Ärzteblattes, sprach zum Ausmaß der ärztlichen Verstrickung in die Verbrechen während des Nationalsozialismus und deren Aufarbeitung in der Nachkriegszeit.

Zwangssterilisation im Nationalsozialismus

Die Eugenik, auch als Erbgesundheitspflege oder Erbhygiene bezeichnet, entwickelte sich in Europa etwa seit 1900. Ziel der Eugenik war, mit bevölkerungs- und gesundheitspolitischen Maßnahmen den Anteil positiv bewerteter Erbanlagen zu vergrößern und den negativ bewerteter Erbanlagen zu verringern.

Die Nationalsozialist:innen setzten diese Ideen der Eugenik radikal um. 1933 wurde das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ erlassen, nach dem Menschen mit verschiedenen Krankheiten sterilisiert werden sollten. Wörtlich heißt es im Gesetzestext: „Erbkrank im Sinne dieses Gesetzes ist, wer an einer der folgenden Krankheiten leidet: angeborenem Schwachsinn, Schizophrenie, zirkulärem (manisch-depressivem) Irresein, erblicher Fallsucht, erblichem Veitstanz (Huntingtonsche Chorea), erblicher Blindheit, erblicher Taubheit, schwerer erblicher körperlicher Mißbildung“ sowie an „schwerem Alkoholismus“.

Etwa 360 000 Menschen wurden auf dieser Grundlage in den Jahren von 1933 bis 1945 sterilisiert.

Die Situation in Rotenburg

Das Krankenhaus des Diakonissen-Mutterhauses war als evangelisches, nicht staatliches Krankenhaus nicht verpflichtet, Sterilisationen nach diesem Gesetz durchzuführen. Dennoch beantragte Pastor Buhrfeind 1934 als Direktor der Rotenburger Anstalten der Inneren Mission sowie Leiter des Diakonissen-Mutterhauses und des dazugehörigen Krankenhauses, Sterilisationen nach dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ durchführen zu dürfen. Buhrfeind folgte damit der Empfehlung des Centralausschusses der Inneren Mission, evangelische Krankenhäuser sollten bei freiwilligen Sterilisationen mitwirken.

In den Jahren 1934 bis 1945 wurden in Rotenburg 335 Bewohner:innen der Rotenburger Anstalten sterilisiert. Dabei verstarben zwei Frauen an den Folgen dieser Eingriffe.

Die Zwangssterilisationen nach dem Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses waren für die Nationalsozialist:innen nur der erste Schritt hin zur späteren Ermordung Kranker und Behinderter. Im Rahmen der Aktion T4 – benannt nach der Adresse der Berliner Zentrale für die systematische Vernichtung sogenannten lebensunwerten Lebens in der Tiergartenstraße 4 – wurden zwischen 1940 und 1945 mindestens 547 Bewohner:innen der Rotenburger Anstalten ermordet.
 

Weitere Informationen

 

Stolpersteine

The Stumbling Blocks

In May 2008 the Cologne artist Gunter Demnig laid two “Stolpersteine” or “stumbling blocks” (a cobblestone-sized memorial for an individual victim of Nazism) in the entrance area of the Diakoniekrankenhaus Rotenburg, today Agaplesion Diakonieklinikum Rotenburg. The stumbling blocks commemorate Else Warnken and Adele Nöbeling, two young women who died of complications due to forced sterilization carried out at this place during the National-Socialist period.

Forced sterilization under National-Socialism

Eugenics, also referred to as hereditary health care or hereditary hygiene, developed in Europe beginning around 1900. The purpose of eugenics was to increase the proportion of positively assessed genetic factors and reduce negative ones by means of population and health policy.

The National Socialists implemented eugenics in a radical way. In 1933, the “Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses” (Law for the Prevention of Hereditarily Diseased Offspring) was enacted, according to which persons suffering from various diseases were to be sterilized. The law reads as follows: “For the purposes of this law, any person will be considered as hereditarily diseased who is suffering from any one of the following illnesses: congenital mental deficiency, schizophrenia, manic-depressive insanity, hereditary epilepsy, hereditary chorea Huntington, hereditary blindness, hereditary deafness, any severe hereditary deformity”, as well as “severe alcoholism”.

Between 1933 and 1945, in Germany around 360,000 persons were sterilized on the basis of this law.

The situation in Rotenburg

The hospital affiliated with the nursing sisterhood “Diakonissen-Mutterhaus” was a Protestant, nongovernmental institution and as such not obliged to carry out sterilizations pursuant to the above law. Despite this fact, Pastor Buhrfeind, the director of the “Rotenburger Anstalten der Inneren Mission”, an institution for physically and mentally handicapped persons in Rotenburg and of the protestant nursing sisters’ home that ran the hospital, sought permission to perform sterilizations pursuant to the “Law for the Prevention of Hereditarily Diseased Offspring” in 1934. In doing so, Buhrfeind followed a recommendation of the Central Board of the “Innere Mission” that Protestant hospitals should participate in voluntary sterilizations.

Between 1934 and 1945, 335 residents of the “Rotenburger Anstalten” were sterilized. Two women died from complications of these operations. For the Nazis, forced sterilization pursuant to the “Law for the Prevention of Hereditarily Diseased Offspring” was only the first step towards murdering sick and handicapped persons at a later stage. Between 1940 and 1945, at least 547 residents of the “Rotenburger Anstalten” were murdered in the so-called Action T4 named after the address of the Berlin centre for the systematic extermination of so-called unworthy life at Tiergartenstrasse 4.

Else Warnken

Else Lisbeth Warnken was born in the district of Verden on 25 December 1923. Being a premature baby, she suffered from severe convulsive seizures for several weeks. She learnt to walk and speak late and had problems adapting to school due to extreme restlessness. The district physician diagnosed “congenital mental deficiency”. At the age of nine, Else was admitted to the “Rotenburger Anstalten”.

Her parents regularly asked for permission to bring their daughter home during the holidays. At Easter 1934, the director declined this request for the first time with reference to the “Law for the Prevention of Hereditarily Diseased Offspring”. A lengthy exchange of letters ensued. In the summer of 1934, the administration of the institution wrote: “We leave it to you to authorize us to apply to the competent hereditary health court for your daughter’s sterilization. Once she is sterilized, she may again be granted leave.” However, the parents did not give up and obtained special permission to take her home. At the end of 1934 they wrote that their daughter was feeling better and that they would like to “keep her at home forever.”

At Christmas in 1936 their daughter was permanently declined permission to visit her parents. In April 1937 the Hereditary Health Court of Verden ruled at the request of Pastor Buhrfeind, the director of the “Rotenburger Anstalten”, that the girl was to be sterilized. Else underwent sterilization on 22 June 1937 and died four days later at the age of 13 as a result of the operation.

Adele Nöbeling

Adelheid Maria Augusta Nöbeling, known as Adele, was born on 20 August 1902 in Hannover. At first her development was normal until she became ill with epilepsy at the age of 13. In the beginning the seizures only occurred in the morning, however over time they became more frequent. Her mother, a widow, was not able to cope with the care of her sick daughter and requested her admission to the “Rotenburger Anstalten”.

In the summer of 1935 the Adele Nöbeling’s seizures ceased after her medication had been changed. One of the last entries in her health file reads: “No seizures” […], no change of personality, balanced, friendly, no mental regression, physically healthy.”

In May 1935, the Hereditary Health Department of the Municipal Court of Verden ruled that Adele was to be sterilized due to “congenital epilepsy”. She was admitted to the hospital for sterilization on 17 July 1935 and underwent surgery two days later. After one day she developed a high fever and in the further course of her illness contracted pneumonia. Adele Nöbeling died on 25 July 1935 of the complications resulting from forced sterilization.

Stumbling Blocks